Chaos und leere Worte

Selten war ein Blick in die Zukunft mit so viel Pessimismus verbunden wie heute.
Politische Baustellen nehmen stetig zu, bestenfalls wird die eine durch eine andere ausgetauscht. Für Probleme, deren Entstehung man als Berufspolitiker selbst zu verantworten hat, präsentiert man Lösungen und verkauft diesen Tätigkeitsnachweis dann als ultimativen Erfolg. Es werden Scheinkulissen aufgebaut um die eigenen Stärken hervorzuheben und die Schwächen des politischen Gegners dick zu unterstreichen – obwohl man sich im Kern eigentlich nur marginal voneinander unterscheidet.
2023 – Ein neues Jahr hat begonnen, aber eigentlich ist alles beim Alten.

Die Spielregeln sind klar

Für ein Gedankenspiel nun ein kurzer Abstecher in die Fußballwelt. Die Position des Stürmers hat eine zentrale Aufgabe, nämlich Tore schießen. Der Torhüter hingegen ist dafür verantwortlich den Stürmer daran zu hindern seine Aufgabe zu erfüllen. Vollkommen egal von welcher Person die eine oder die andere Position nun aktiv bekleidet wird, die Aufgaben sind quasi in Stein gemeißelt. Ob Person A oder B das Tor hütet, ob Person E oder F als Angreifer fungiert spielt keine wesentliche Rolle wenn es darum geht, welche Funktion die einzelne Position hat.
Hier werden nun Parallelen zur Politik ersichtlich. Es ist nicht von großer Bedeutung in welcher Konstellation die Regierung bzw. die Opposition aufgestellt ist, da die Aufgabenverteilung von vornherein klar ist. Die einzelnen Player sind nachweislich beliebig austauschbar und lassen keine spürbare Abweichung von anderen Konstellationen erkennen.

Heute, als Teil der Opposition, nimmt die CDU einen anderen Part, eine andere Position im Spiel ein und kritisiert nun jegliche Handlungen der Regierung, obwohl sie an deren Stelle ähnliche bis identische Entscheidungen treffen würde. SPD, FDP und die Grünen wiederum machen nun eine Politik die sie vor ihrer Amtszeit selbst noch hart kritisiert hätten – in der Funktion als Opposition eben. Frei von Selbstreflexion sind die Entscheidungen der Regierung immer alternativlos und demnach auch immer richtig. Die Opposition sieht das naturgemäß anders, bis sie selbst wieder die Chance bekommt das Land zu lenken.
Grundsätzlich eint aber alle Parteien das flexible Verhältnis zur eigenen Meinung, zu dem wofür man stehen möchte. Ach ja und Schuld sind immer die anderen.

Fakt ist: Auf das eigentliche Spiel hat es keinen signifikanten Einfluss wenn man lediglich die Spieler austauscht und die Spielregeln jedoch unberührt bleiben. Man möchte andere Regeln? Dann muss mehr getan werden als nur Spieler auszuwechseln.

Grün ist auch nur eine Farbe

Dieser Abschnitt soll nicht als Grünen-Bashing verstanden werden. Gleichwohl steht die ehemalige Antikriegspartei sinnbildlich für alles, was im vorherigen Abschnitt beschrieben wurde. Die Grünen in der Opposition sind nicht deckungsgleich mit den regierenden Grünen. Wer den markigen und flotten Sprüchen aus dem Wahlkampf Vertrauen geschenkt hat, wurde schnell enttäuscht. Die unbegründete Hoffnung wurde von der Realität zerstört, lassen die Grünen doch kaum eine Gelegenheit ungenutzt verstreichen um das Gegenteil ihrer Versprechungen aus dem Wahlkampf zu machen. So las man Sprüche wie „Wirtschaft und Klima ohne Krise“ oder „Keine Waffen in Kriegsgebiete“. Ein Kommentar von mir ist nicht weiter notwendig.

Weitere Beispiele für grüne Opportunität? Im Jahr 2019 beispielsweise bezeichneten die Grünen US-Drohneneinsätze als völkerrechtswidrig. Das war natürlich weit vor der Wahl.  Jetzt, als Teil der Regierung, sieht man die Thematik selbstverständlich anders und nicht mehr ganz so kritisch. Von daher versucht man so gut wie möglich zum Sachverhalt zu schweigen und wenn man doch mal darauf angesprochen wird, dann sind schwammige Aussagen an der Tagesordnung.
Zum Schluss noch kurz zu Frau Baerbock – Als Oppositionspolitikerin setzte sie sich (mit Worten) stark für die Freilassung von Julian Assange ein. Mit dem Amt der Außenministerin wurde Frau Baerbock bezüglich Assange leider sehr schweigsam. Wen überrascht es?

Zu diesem Abschnitt sei angemerkt, dass die Grünen dieses fragwürdige Verständnis von Politik nicht exklusiv haben. Sie reihen sich mit dieser Art lediglich still und leise ins obere politische Regal ein.

Wenn DAS Demokratie ist…

Existiert in Deutschland eine Volksherrschaft? Die Stimmen derer, die die Demokratie in diesem Land infrage stellen werden immer lauter. Gerettet durch die Alternativlosigkeit überlebt der demokratische Grundgedanke jedoch, ohne belegbaren Erfolg vorweisen zu können. Ohne ernsthafte Konkurrenz für die aktuelle Staatsform sehen die politischen Akteure auch keinen Bedarf für Veränderungen, ganz zu schweigen von Veränderungen die dem Volk mehr Macht verleihen. Egal wie, aber das Rad dreht sich ja sowieso immer weiter.

Nicht erst seit der Corona-Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine wird deutlich wie erbarmungslos über die Köpfe der Bevölkerung hinweg entschieden wird. Meinungen werden von entsprechenden Stellen systematisch beeinflusst, bis die jeweilige politische Entscheidung ihre gewünschte Akzeptanz findet, zumindest in Teilen der Bevölkerung. Ob das der Definition von Demokratie entspricht, die Frage muss jeder für sich selbst beantworten. Überrascht über wachsende Politikverdrossenheit und den schwindenden Rückhalt für die Demokratie sollte niemand sein. Leere Worthülsen und Pulverfässer in jeder Himmelsrichtung, unabhängig davon aus welchen Farben die Regierung besteht.

Gibt es also Anlass zur Hoffnung, dass zeitnah das Chaos der Ordnung weicht und Worte nicht mehr einer so starken Entwertung ausgesetzt sind?
Deutsche Politik, auch im Jahr 2023 getreu dem Motto: Chaos und leere Worte.

5. Februar 2023 Politik